Freitag, 4. April 2014

Nürnberger Hasentradition

Da soll nochmal einer sagen, das Landleben wäre ruhig und beschaulich.
Als ich Gestern morgen in meinen Garten ging, konnte ich meinen Augen nicht trauen. In meinem "Hosergärtla" saßen doch tatsächlich 11 niedliche pinkfarbene Häschen.



Sie waren anscheinend mitten in der Nacht einfach vom sternenklaren Himmel gefallen. Jedenfalls haben sie sich strikt geweigert mir ihre Lebensgeschichte zu erzählen.
Nur was fängt man am Land mit pinkfarbenen Häschen an. Eigentlich nichts! Wären sie beige oder braun, würden sie sich ja noch in die stets geordnete und im Gleichschritt marschierende Dorfsiedlungs-, Haus- und Gartenlandschaft einfügen. Aber aufreizendes pink würde einen wahren Sturm der Entrüstung hervorrufen.

Also beschloss ich wieder einmal, Chantal, meine aufgeschlossene, welterfahrene Stadtfreundin um Rat zu fragen.



Meine Ratlosigkeit wurde von ihren nicht zu stoppenden Entzückensrufen einfach restlos hinweggefegt.

Ihr Vorschlag, die pinkfarbenen Häschen ins Auto zu packen und einen Bildungsausflug nach Nürnberg zu unternehmen konnte ich ja noch nachvollziehen. Das aber Nürnberg eine weltbekannte bis ins späte Mittelalter zurückreichende Häschentradition haben sollte, entzog sich dann voll und ganz meinem Erfahrungshorizont.

Wir haben dann kurzentschlossen alle in mein Auto gepackt (zur Erleichterung meiner gesamten Nachbarschaft) und sind zu unserer ersten Station aufgebrochen:

Albrecht Dürer Platz Nürnberg




Unsere Häschen wurden ganz nervös und wollten sofort aussteigen um ihr großes Idol von vorne zu betrachten

Unser erster Halt führte uns zum Albrecht-Dürer-Platz.
Albrecht Dürer, Nürnbergs großer Künstler, der uns außer seiner bekannten großen Kunstwerke auch noch die allzu menschliche Seite hinterlassen hat. Das Weimarer Blatt oder den Holzschnitt Männerbad um nur zwei zu nennen.
Neuesten Forschungen zufolge führte er ein ausschweifendes Künstlerleben, das beiden Geschlechtern zugeneigt war. Er wäre demzufolge sicherlich entzückt gewesen von unseren pinkfarbenen Besuchern, sofern er die letzten 486 Jahre überlebt hätte.




Was er wohl heute über Nürnberg denken würde?
Er war ja seiner Zeit im Denken weit voraus und ein genialer Künstler.
Es zog ihn auch immer wieder in die Welt um sein Schaffen zu präzisieren und über den Nürnberger Suppentellerrand hinauszuschauen.
Wir für unseren Teil verneigen uns heute noch ehrfurchtsvoll vor seiner Kunst und sind uns aber auch ganz sicher, dass ihm unsere Häschen gefallen hätten.
Ein verschmitztes Lächeln wären sie ihm sicherlich wert gewesen.












Da wir schon sehr viel Zeit am Albrecht Dürer Platz verbummelt hatten, mussten wir schleunigst weiter zu unserem nächsten Ziel, das aber nur ein paar Fußminuten bergauf lag.

Unser Ziel war die Bronzeskulptur eines Hasen am Tiergärtnertor, die irgendwie etwas mit dem weltberühmten Feldhasen Aquarell  unseres guten Albrecht zu tun haben soll. Ob man ihm damit nicht ein Ei gelegt hat, bleibt IMMER dem Auge des Betrachters überlassen und das ist auch sein gutes Recht und darf keiner Zensur unterliegen.
Kunst regt ja zu Diskussionen an und das war schon zu Albrechts Zeiten so!!!!!



Das Original-Aquarell konnte man übrigens vom 14.März bis 29.Juni 2014 nach über zehn Jahren Lagerdasein, in der Albertina in Wien betrachten.











Jetzt wollte ich aber schon noch wissen welche Häschentradition in Nürnberg noch heimisch sein könnte.

Für unser nächstes Ziel mussten wir einige Straßen weiter, quer durch die Innenstadt.


Die Frauentormauer in Nürnberg. Angeblich das älteste Rotlichtviertel in Deutschland. Geführt auf Platz drei der Rotlichthauptstädte.
Ich musste dann unweigerlich wieder an Meister Albrecht denken. Vielleicht hat er sich ja mit seinem "besten Freund" Willibald Pirckheimer so manche Nacht um die Ohren gehauen. Möglich wäre es gewesen, da das Viertel zu Dürers Zeiten angeblich schon ein Anziehungspunkt für wohlbetuchte Kaufleute und kirchliche Würdenträger war.



Eins unserer Häschen ist vor lauter Neugierde auf das Straßenschild geklettert



Jegliche Rettungsversuche unsererseits blieben erfolglos



Es wollte sich partout nicht retten lassen und lieber am Eingang zur Sündenmeile bleiben


Unser nächster Halt führte uns dann schnurstracks an der Frauentormauer vorbei in die nächste Häschenstraße:

Diesmal konnten wir mit vereinten Kräften den Verlust eines Häschens verhindern



Wir konnten leider nicht verhindern, dass der Rest der Truppe in der Zwischenzeit geradewegs in die Ottostraße hineinmarschiert ist.




Wir mußten schleunigst hinterher, um den aufgewirbelten Haufen wieder in Sicherheit zu bringen, da wir ja nicht noch einmal eins unserer süßen Häschen auf den sündigen Nürnberger Meilen verlieren wollten.

















Nachdem wir alle endlich wieder eingefangen hatten, wäre mir das für einen Tag schon genug Aufregung gewesen, aber weder Chantal, noch die Häschen wollten schon nach Hause.
Deshalb haben wir dann einen Abstecher in eine der unzähligen Grünanlagen Nürnbergs unternommen.







Langsam neigte sich der Tag dem Ende zu und ich wollte wieder zurück in meine ländliche Idylle. Die Häschen konnte ich aber beim besten Willen nicht mehr mitnehmen.

Deshalb beschlossen wir, sie in der Stadt der Häschen zu lassen.

Häschen waren in Nürnberg ja schon immer eine lukrative Einnahmequelle. Die weltweite Bekanntheit von Dürers Feldhasen, der Nürnberg als Geburtsstadt des großen Albrecht Dürer viel Tourismus eingebracht hat, oder die traditionsreiche Rotlichtmeile, deren Häschen ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor für die Stadt Nürnberg sind.















Hurra, es lebe die Nürnberger Häschentradition



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