Donnerstag, 17. April 2014

1. Nürnberger Ostereiermarsch

Alle Menschen die mich inzwischen kennengelernt haben, wissen, dass ich jemand bin, der mit seiner Kunst gerne Spaß und Freude verbreitet. Meine Kunstwerke aber auch häufig mit Selbstironie als Mittel zur Eigenreflexion behaftet sind.
Dies zieht aber auch nach sich, dass es mir immer wieder ein Anliegen ist, mich mit mir und der Gesellschaft kritisch auseinanderzusetzen.



Die momentane beängstigende Situation in der Ukraine und der Zusammenhang mit dem Verhalten unserer Gesellschaft, hat mich gedanklich so beschäftigt, dass es mich wieder einmal zu einem Wollkunstwerk inspiriert hat, dass uns alle zum Nachdenken und Diskutieren veranlassen soll.

Da meine Eltern ja noch einer, in Kriegsjahren aufgewachsenen Generation angehörten, ist mir die jüngere deutsche Geschichte bis 1933 sehr wohl bekannt. Mit Beginn der Krim-Krise und einem damit verbundenen Blick in den Atlas, fiel mir sofort Polen ins Auge. Das Land zwischen Deutschland und der Ukraine. Der Einmarsch deutscher Truppen in Polen und somit die Völkerrechtsverletzung eines Diktators, die weltweit zwar mit Missfallen betrachtet wurde, der man jedoch auch nicht rechtzeitig entgegentrat.
Welch Grauen dieses Versäumnis für Europa und Millionen von Menschen nach sich zog, wird den meisten Menschen ein Begriff sein.


Deshalb muss es doch gerade  für Europa und Deutschland im speziellen, ein Anlass sein, über unsere völkerrechtlichen Verpflichtungen nachzudenken, die die Grundlage des Umgangs zivilisierter Nationen miteinander bilden.

Da wir doch alle in Zukunft friedlich und in Wohlstand miteinander leben wollen, müssen wir uns gezwungen fühlen, über die mögliche Konsequenz unseres "Nicht-Handelns" nachzudenken.

Das Beispiel Russland zeigt uns doch auch, dass eine Regierung, die das Völkerrecht missachtet, auch die Menschenrechte bricht.


Deshalb müssen wir solidarisch sein mit Pussy Riot und allen weltweit, die unter Einsatz ihrer Freiheit, Gesundheit oder sogar ihres Lebens mit gewaltlosem Widerstand für die Menschenrechte eintreten, denn sie kämpfen auch für uns, indem sie in ihren Staaten eine wirkliche Demokratie schaffen wollen. So wie zu seiner Zeit der Friedensnobelpreisträger Andreij Sacharow, der heute wahrscheinlich wieder am Anfang seines beschwerlichen Weges zum Friedensnobelpreis stehen würde.


Lasst uns genau hinsehen, um die Tragweite unseres Nichthandelns zu erkennen: Unsere Freiheit und unser Wohlstand sind nicht haltbar, wenn wir nicht bereit sind gemeinsam ihre Grundpfeiler nach innen und außen zu verteidigen. Wenn jeder Einzelne und jeder Staat nur noch mit sich selbst beschäftigt ist, haben Lügner, Hetzer und Manipulatoren leichtes Spiel; 
Entsolidarisierung und fehlendes Mitgefühl machen uns zu machtlosen Opfern, nicht nur die Schwachen: Egoismus, Arroganz und Kurzsichtigkeit zahlen sich langfristig nie aus.

Steckt den Kopf nicht in den Sand!


Damit wir im Umgang der Menschen und Staaten nicht wieder auf die Stufe des Rechts des Stärkeren, Reicheren oder Skrupelloseren zurückfallen, müssen wir solidarisch und verantwortungsvoll denken und handeln und unsere Repräsentanten dazu zwingen, unsere gemeinsamen Werte und nicht nur die Interessen bestimmter Gruppen zu vertreten. Unsere politischen Vertreter sind Menschen, die wir aus unserer Mitte heraus gewählt haben. Wenn wir selbst nicht mehr fähig sind Empathie,verantwortungsvolles Denken und Handeln, in unseren Alltag einzubinden, werden unsere Vertreter es auch nicht tun.




Wir dürfen nicht wegsehen, aus Bequemlichkeit auf unsere Mitsprache verzichten und vor dem Unrecht zurückweichen!


Die deutsche Geschichte hat gezeigt, was passiert, wenn sich ein Land willenlos in die Arme eines Diktators wirft und es andere Staaten gewähren lassen:
Es bringt Leid, Not und Tod über sein Volk und seine Nachbarn.


Die Vergangenheit darf sich nicht wiederholen; gerade wir Europäer müssen beweisen, dass wir die richtigen Lehren aus 1914 und 1939 gezogen haben!




Das künstlerische Ergebnis werden wir am 16. April 2014 ab 11.00 am Andreij-Sacharow-Platz (Fußgängerbrücke Hoher Steg) anbringen. Bezugnehmend auf die Grundstruktur der seit über 50 Jahren in Deutschland bestehenden Tradition der Ostermärsche.

Ergänzendes Bildmaterial werde ich nach der Aktion wieder als Anhang in diesen Blogbeitrag einfügen.

Die Kerninhalte des Häkelbanners wurden, mit dem Hinweis auf die Aktion, an eine breitgefächerte Auswahl  von Medienvertretern geschickt. In der Hoffnung, dass sie die Thematik aufgreifen und einer breiten Bevölkerungsschicht als Diskussionsgrundlage zugänglich machen werden.










Bestandsaufnahme nach zwei Tagen:

Das Kunstwerk wurde  samt der Plexiglastafeln, die mit Kabelbindern am Geländer befestigt waren, mit brachialer Gewalt aus der Verankerung gerissen und hinterher samt der Tafeln in die Pegnitz geworfen.
Außer den Kabelbindern und ein paar Fetzen Wolle blieb nichts am Geländer zurück!






Diese rigorose, fast rückstandsloseVernichtung hinterlässt einen äußerst faden Beigeschmack.
Der sonst übliche Vandalismus schaut anders aus.
So als hätte jemand die Botschaft auf dem Banner und die dadurch entstandene Diskussion ganz schnell aus der Welt schaffen wollen.



Das gibt einem zu Denken und stellt eine Frage in den Raum, über die wir vielleicht alle nachdenken sollten:

Kann man in unserem demokratischen Rechtssystem noch frei seine Meinung äußern, auch wenn sie ganz bestimmten Gruppierungen nicht paßt? Oder muss man dann schon um die körperliche wie geistige Unversehrtheit fürchten?



Freitag, 4. April 2014

Nürnberger Hasentradition

Da soll nochmal einer sagen, das Landleben wäre ruhig und beschaulich.
Als ich Gestern morgen in meinen Garten ging, konnte ich meinen Augen nicht trauen. In meinem "Hosergärtla" saßen doch tatsächlich 11 niedliche pinkfarbene Häschen.



Sie waren anscheinend mitten in der Nacht einfach vom sternenklaren Himmel gefallen. Jedenfalls haben sie sich strikt geweigert mir ihre Lebensgeschichte zu erzählen.
Nur was fängt man am Land mit pinkfarbenen Häschen an. Eigentlich nichts! Wären sie beige oder braun, würden sie sich ja noch in die stets geordnete und im Gleichschritt marschierende Dorfsiedlungs-, Haus- und Gartenlandschaft einfügen. Aber aufreizendes pink würde einen wahren Sturm der Entrüstung hervorrufen.

Also beschloss ich wieder einmal, Chantal, meine aufgeschlossene, welterfahrene Stadtfreundin um Rat zu fragen.



Meine Ratlosigkeit wurde von ihren nicht zu stoppenden Entzückensrufen einfach restlos hinweggefegt.

Ihr Vorschlag, die pinkfarbenen Häschen ins Auto zu packen und einen Bildungsausflug nach Nürnberg zu unternehmen konnte ich ja noch nachvollziehen. Das aber Nürnberg eine weltbekannte bis ins späte Mittelalter zurückreichende Häschentradition haben sollte, entzog sich dann voll und ganz meinem Erfahrungshorizont.

Wir haben dann kurzentschlossen alle in mein Auto gepackt (zur Erleichterung meiner gesamten Nachbarschaft) und sind zu unserer ersten Station aufgebrochen:

Albrecht Dürer Platz Nürnberg




Unsere Häschen wurden ganz nervös und wollten sofort aussteigen um ihr großes Idol von vorne zu betrachten

Unser erster Halt führte uns zum Albrecht-Dürer-Platz.
Albrecht Dürer, Nürnbergs großer Künstler, der uns außer seiner bekannten großen Kunstwerke auch noch die allzu menschliche Seite hinterlassen hat. Das Weimarer Blatt oder den Holzschnitt Männerbad um nur zwei zu nennen.
Neuesten Forschungen zufolge führte er ein ausschweifendes Künstlerleben, das beiden Geschlechtern zugeneigt war. Er wäre demzufolge sicherlich entzückt gewesen von unseren pinkfarbenen Besuchern, sofern er die letzten 486 Jahre überlebt hätte.




Was er wohl heute über Nürnberg denken würde?
Er war ja seiner Zeit im Denken weit voraus und ein genialer Künstler.
Es zog ihn auch immer wieder in die Welt um sein Schaffen zu präzisieren und über den Nürnberger Suppentellerrand hinauszuschauen.
Wir für unseren Teil verneigen uns heute noch ehrfurchtsvoll vor seiner Kunst und sind uns aber auch ganz sicher, dass ihm unsere Häschen gefallen hätten.
Ein verschmitztes Lächeln wären sie ihm sicherlich wert gewesen.












Da wir schon sehr viel Zeit am Albrecht Dürer Platz verbummelt hatten, mussten wir schleunigst weiter zu unserem nächsten Ziel, das aber nur ein paar Fußminuten bergauf lag.

Unser Ziel war die Bronzeskulptur eines Hasen am Tiergärtnertor, die irgendwie etwas mit dem weltberühmten Feldhasen Aquarell  unseres guten Albrecht zu tun haben soll. Ob man ihm damit nicht ein Ei gelegt hat, bleibt IMMER dem Auge des Betrachters überlassen und das ist auch sein gutes Recht und darf keiner Zensur unterliegen.
Kunst regt ja zu Diskussionen an und das war schon zu Albrechts Zeiten so!!!!!



Das Original-Aquarell konnte man übrigens vom 14.März bis 29.Juni 2014 nach über zehn Jahren Lagerdasein, in der Albertina in Wien betrachten.











Jetzt wollte ich aber schon noch wissen welche Häschentradition in Nürnberg noch heimisch sein könnte.

Für unser nächstes Ziel mussten wir einige Straßen weiter, quer durch die Innenstadt.


Die Frauentormauer in Nürnberg. Angeblich das älteste Rotlichtviertel in Deutschland. Geführt auf Platz drei der Rotlichthauptstädte.
Ich musste dann unweigerlich wieder an Meister Albrecht denken. Vielleicht hat er sich ja mit seinem "besten Freund" Willibald Pirckheimer so manche Nacht um die Ohren gehauen. Möglich wäre es gewesen, da das Viertel zu Dürers Zeiten angeblich schon ein Anziehungspunkt für wohlbetuchte Kaufleute und kirchliche Würdenträger war.



Eins unserer Häschen ist vor lauter Neugierde auf das Straßenschild geklettert



Jegliche Rettungsversuche unsererseits blieben erfolglos



Es wollte sich partout nicht retten lassen und lieber am Eingang zur Sündenmeile bleiben


Unser nächster Halt führte uns dann schnurstracks an der Frauentormauer vorbei in die nächste Häschenstraße:

Diesmal konnten wir mit vereinten Kräften den Verlust eines Häschens verhindern



Wir konnten leider nicht verhindern, dass der Rest der Truppe in der Zwischenzeit geradewegs in die Ottostraße hineinmarschiert ist.




Wir mußten schleunigst hinterher, um den aufgewirbelten Haufen wieder in Sicherheit zu bringen, da wir ja nicht noch einmal eins unserer süßen Häschen auf den sündigen Nürnberger Meilen verlieren wollten.

















Nachdem wir alle endlich wieder eingefangen hatten, wäre mir das für einen Tag schon genug Aufregung gewesen, aber weder Chantal, noch die Häschen wollten schon nach Hause.
Deshalb haben wir dann einen Abstecher in eine der unzähligen Grünanlagen Nürnbergs unternommen.







Langsam neigte sich der Tag dem Ende zu und ich wollte wieder zurück in meine ländliche Idylle. Die Häschen konnte ich aber beim besten Willen nicht mehr mitnehmen.

Deshalb beschlossen wir, sie in der Stadt der Häschen zu lassen.

Häschen waren in Nürnberg ja schon immer eine lukrative Einnahmequelle. Die weltweite Bekanntheit von Dürers Feldhasen, der Nürnberg als Geburtsstadt des großen Albrecht Dürer viel Tourismus eingebracht hat, oder die traditionsreiche Rotlichtmeile, deren Häschen ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor für die Stadt Nürnberg sind.















Hurra, es lebe die Nürnberger Häschentradition